Schweiz
Gesellschaft & Politik

Höchstspannungsleitungen sollen prinzipiell in der Luft hängen

Höchstspannungsleitungen sollen prinzipiell in der Luft hängen – fordert Nationalrat

18.12.2025, 10:4018.12.2025, 11:30

Die Schweiz ist nicht zuletzt für die Energiewende auf ein leistungsfähiges Stromnetz angewiesen. Der Nationalrat will nun Um -und Ausbauten am Netz voranbringen. Dabei hat er beschlossen, dass Hoch- und Höchstspannungsleitungen grundsätzlich in der Luft hängen sollen.

epa12094111 Pylons carry high voltage electricity cables across a field past cooling towers operating at the Dukovany nuclear power plant operated by CEZ AS, near the village of Dukovany, Czech Republ ...
Mit der Vorlage wird sich nun der Ständerat befassen. (Symbolbild)Bild: keystone

Sämtliche Fraktionen stellten sich am Donnerstag hinter den Beschleunigungserlass, der Anpassungen im Elektrizitätsgesetz, im Energiegesetz und im Raumplanungsgesetz gehören. Mit 190 zu 0 Stimmen und mit sieben Enthaltungen verabschiedete der Nationalrat die Vorlage. Diese geht nun an den Ständerat.

Oberirdische Übertragungsleitungen

Auf Antrag der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek-N) schrieb der Nationalrat einen Freileitungsgrundsatz in die Vorlage. Hoch- und Höchstspannungsleitungen mit 220 Kilovolt oder mehr sollen grundsätzlich oberiridisch verlegt werden.

Dabei soll es allerdings Ausnahmen geben: Eine Erdleitung soll möglich sein, wenn dies billiger zu stehen kommt oder aus technischen Gründen nötig ist. Auch wenn ein geschütztes Moor eine Freileitung verhindert, soll sie in den Boden verlegt werden können.

Freileitungen seien über ihren gesamten Lebenszyklus wesentlich günstiger und wiesen technische Vorteile für den Netzbetrieb auf, schrieb die Urek-N. Daher sei eine Priorisierung zugunsten der Freileitungen gerechtfertigt. Der Freileitungsgrundsatz sei systemrelevant, sagte Benjamin Giezendanner (SVP/AG).

Nationalrat Benjamin Giezendanner, SVP-AG, spricht waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 18. Juni 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Aargauer SVP-Politiker Benjamin Giezendanner.Bild: keystone

Ohne Freileitungsgrundsatz gehe ein Leitungsbau ins Geld, fügte Christian Wasserfallen (FDP/BE) hinzu. In den Boden zu verlegende Leitungen könnten zu jahrelangen Bauverzögerungen führen. Nur mit Freileitungsgrundsatz könne das Ziel die Stromnetze rascher zu bauen, erreicht werden, sagte Priska Wismer-Felder (Mitte/LU).

Christian Wasserfallen, FDP-BE, spricht fuer die Kommission zur Debatte um die Volksinitiative "Keine 10-Millionen-Schweiz!", an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 22.  ...
Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen.Bild: keystone

Grüne wollen mehr Ausnahmen

Leistungsstarke Netze seien zwar zentral für Energiewende und Dekarbonisierung, entgegnete Marionna Schlatter (Grüne/ZH). Doch es brauche mehr Ausnahmen vom Freileitungsgrundsatz, etwa in der Nähe von Zugvogelrouten. Der Ständerat solle unter Einbezug der Kantone nach einer Lösung suchen, forderte Schlatter.

Grüne und SP argumentierten mit der Mehrheitsfähigkeit der Vorlage bei einem allfälligen Referendum. Ein Einzelantrag von Emmanuel Amoos (SP/VS), auf den Grundsatz der Freileitung zu verzichten, wurde aber abgelehnt. Ja-Stimmen gab es von SP und Grünen, aber vereinzelt auch von SVP-, Mitte- und FDP-Mitgliedern.

Emmanuel Amoos, SP-VS, spricht zur Grossen Kammer, an der Sondersession des Nationalrats, am Mittwoch, 7. Mai 2025 im Nationalrat in Bern. (KEYSTONE/Alessandro della Valle)
Wallliser Sp-Politiker Emmanuel Amoos.Bild: keystone

Auch der Bundesrat hätte ursprünglich einen Freileitungsgrundsatz gewollt. Doch er verzichtete aber darauf, nachdem sich in der Vernehmlassung ein Grossteil der Kantone sowie alle Umweltschutz- und Heimatschutzorganisationen dagegen aussprachen.

«Frage der Akzeptanz»

Energieminister Albert Rösti erwartete vom Freileitungsgrundsatz zwar ebenfalls schnellere Bewilligungen und Planungen. «Aber es gibt die Frage der Akzeptanz durch die Bevölkerung», gab er zu bedenken.

Die Pläne von Energieminister Albert Rösti kommen in der Strombranche nicht gut an.
Energieminister und Bundesrat Alber Rösti.Bild: Peter Schneider

In die Vorlage nahm der Nationalrat noch weitere Elemente auf, welche den Um- und Ausbau des Stromnetzes beschleunigen sollen. So soll es für den Ersatz oder die Sanierung von bestehenden Höchstspannungsleitungen auf dem bisherigen Trassee oder auch unmittelbar daran angrenzend kein Sachplanverfahren mehr geben.

Das soll die Behörden entlasten und der Netzgesellschaft Swissgrid mehr Planungssicherheit geben. Auch soll künftig das Interesse an der Realisierung von Übertragungsnetzen anderen nationalen Interessen grundsätzlich vorgehen. Ausnahmen sind aber möglich.

Der Nationalrat legte auf Antrag der Urek-N bei diesem Thema noch einen oben drauf: Er entschied, dass auch Verteilnetze von dieser Priorisierung profitieren sollen, gegen den Widerstand von Rösti. Zudem vereinfacht die Vorlage den Bau von Trafostationen ausserhalb der Bauzone.

Bis 80-jährige Leitungen

Der Bundesrat schrieb zur Vorlage, mehr als 60 Prozent der Höchstspannungsleitungen im Land seien heute zwischen 50 und 80 Jahre alt. Ihre technische Lebensdauer betrage rund 80 Jahre. Ein Grossteil dieses Netzes müsse deshalb in den nächsten Jahren erneuert werden.

Das Netz müsse aber auch aus- und umgebaut werden, um den Anforderungen der zunehmenden Elektrifizierung der Energieversorgung zu genügen. Zudem werde der Strom zunehmend dezentral produziert. Das führe zu einer wachsenden Zahl an Leitungsprojekten und Bewilligungsverfahren, die heute oftmals viele Jahre dauerten.

Die Vorlage geht nun an den Ständerat. (sda)

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